Kabale und Liebe Textauszüge 2006-06-29 08:41:01 Erster Akt. Dritte Scene. Luise Millerin kommt, ein Buch in der Hand. Vorige. Luise. Auch will ich ihn ja jetzt nicht, mein Vater! Dieser karge Thautropfen Zeit--schon ein Traum von Ferdinand trinkt ihn wollüstig auf. Ich entsag' ihm für dieses Leben. Dann, Mutter--dann wenn die Schranken des Unterschieds einstürzen--wenn von uns abspringen all die verhaßten Hülsen des Standes--Menschen nur Menschen sind--Ich bringe nichts mit mir, als meine Unschuld; aber der Vater hat ja so oft gesagt, daß der Schmuck und die prächtigen Titel wohlfeil werden, wenn Gott kommt, und die Herzen im Preise steigen. Ich werde dann reich sein. Dort rechnet man Thränen für Triumphe und schöne Gedanken für Ahnen an. Ich werde dann vornehm sein, Mutter--Was hätte er dann noch vor seinem Mädchen voraus? -------------------------------------------------------------- Dritter Akt. Vierte Scene. Zimmer in Millers Wohnung. Luise und Ferdinand. Luise. Nein! Sieh mich an, lieber Walter. Nicht so bitter die Zähne geknirscht. Komm! Laß mich jetzt deinen sterbenden Muth durch mein Beispiel beleben. Laß mich die Heldin dieses Augenblicks sein--einem Vater den entflohenen Sohn wieder schenken--einem Bündniß entsagen, das die Fugen der Bürgerwelt auseinander treiben und die allgemeine ewige Ordnung zu Grund stürzen würde--Ich bin die Verbrecherin--mit frechen, thörigten Wünschen hat sich mein Busen getragen--mein Unglück ist meine Strafe, so laß mir doch jetzt die süße, schmeichelnde Täuschung, daß es mein Opfer war--Wirst du mir diese Wollust mißgönnen? -------------------------------------------------------------- Erster Akt. Dritte Scene. Luise Millerin kommt, ein Buch in der Hand. Vorige. Luise (nachdem sie ihn eine Zeitlang starr angesehen). Ich versteh' ihn, Vater--fühle das Messer, das Er in mein Gewissen stößt; aber es kommt zu spät.--Ich hab' keine Andacht mehr, Vater--der Himmel und Ferdinand reißen an meiner blutenden Seele, und ich fürchte--ich fürchte--(Nach einer Pause.) Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn über dem Gemälde vernachlässigen, findet sich ja der Künstler am feinsten gelobt.--Wenn meine Freude über sein Meisterstück mich ihn selbst übersehen macht, Vater, muß das Gott nicht ergötzen? Miller (wirft sich unmuthig in den Stuhl). Da haben wir's! Das ist die Frucht von dem gottlosen Lesen. -------------------------------------------------------------- Erster Akt. Vierte Scene. Ferdinand von Walter. Luise. Luise (faßt seine Hand, indem sie den Kopf schüttelt). Du willst mich einschläfern, Ferdinand--willst meine Augen von diesem Abgrund hinweglocken, in den ich ganz gewiß stürzen muß. Ich seh' in die Zukunft--die Stimme des Ruhms--deine Entwürfe--dein Vater--mein Nichts. (Erschrickt und läßt plötzlich seine Hand fahren.) Ferdinand! Ein Dolch über dir und mir!--Man trennt uns! -------------------------------------------------------------- deutlich steht ihre abzektanz der standesobligationen über ihrer empfindung für ferdinand mit ihm zu fliehen scheint ihr daher unmöglich die trennung sieht sie als gerechte strafe für ihre vermessenheit die standesgrenzen zu ignorieren